WTF! 40.000 Klicks bei Youtube in einer Woche | Eine banale Analyse eines viralen Videos

Ganz im Ernst: Damit hatte ich nicht gerechnet! Über 40.000 Views in weniger als einer Woche für meinen Volo-Abschlussfilm? WTF! Wenn mir das vorher jemand versprochen hätte, hätte ich ihn ausgelacht. Ich hatte das weder geplant, noch im Traum daran gedacht, dass so etwas passieren könnte: Berichte und Verlinkungen in fast allen großen Medienblogs, über 4000 Likes/Shares auf Facebook und eine wirklich stolze Anzahl an Tweets! Grund genug, das Geschehene zu analysieren, um daraus eventuell Lehren abzuleiten für weiteren, viralen Blödsinn.

Vorgeschichte

Ende März habe ich mein Volontariat beim ZDF abgeschlossen. Für die Abschlussfeierlichkeiten sollte jeder Volontär einen Film drehen, Arbeitstitel: “Persönliche Volo-Bilanz”. Nach einer kurzen Überlegung stand für mich fest, was ich machen würde: Wir hatten mal in einem Seminar der ARD.ZDF medienakademie den legendären BBC-Youtube-Hit “How to report the news” von Charlie Brooker gezeigt bekommen. Nachdem ich mich damals köstlich über den Film amüsiert hatte, war mir klar, dass ich davon gern mal eine deutsche Version realisieren würde. Der Abschlussfilm bot nun dafür die perfekte Chance. Mit einem Kollegen zusammen habe ich dann innerhalb eines Tages den Film produziert.

Über den Beitrag wurde bei der Volo-Abschlussfeier dann so herzlich gelacht, dass ich schnell auf die Idee kam, den Film hier auf meinem Blog zu präsentieren. Kurz noch die Genehmigung eingeholt und ab dafür. Am Montag, den 2.April, ging das Ding online. Am Dienstag, den 3.April waren es bereits über 800 Views. Am Mittwoch ging es dann raketenmäßig ab. Wie und warum das so passierte, kann ich mir nur bedingt erklären. Aber die Statistiken bei Youtube sprechen ja schon eine ziemlich deutliche Sprache. Drei möchte ich exemplarisch diskutieren.

Statistiken

Aufrufe: Zwei Tage Remmidemmi

Da es mein erster Film war, den ich bei Youtube hochgeladen habe, kannte ich mich mit den Statistik-Funktionen noch überhaupt nicht aus und musste mich da jetzt erstmal ein wenig rein arbeiten. Falls mir hier grobe Fehler unterlaufen, freue ich mich über konstruktive Kritik. Grundsätzlich hat mein Film bis heute rund 40.000 Klicks generiert. Während es am Dienstag noch 800 Views waren, gingen die Zahlen am Mittwoch durch die Decke: Satte 13.800 Klicks zählt die Statistik. Donnerstag sind es dann etwas weniger, aber immer noch verrückte 13.000 Views. Danach flauten die Zuschauerzahlen wieder deutlich ab, wenn auch die Zahlen noch überraschend hoch bleiben.

Demografie: Ein Film für Männer

Wirklich interessant ist die Tatsache, dass von den rund 40.000 Klicks – laut Youtube – 82 Prozent von Männern verursacht wurden. Davon geht der dickste Anteil auf das Konto der 35- bis 54-Jährigen. Überhaupt: Die 45- bis 54-Jährigen haben meinen Film am meisten geklickt. Auch wenn mir natürlich klar ist, dass der durchschnittliche Youtube-Nutzer nicht der pubertierende HipHop-Fan ist, scheint mir so eine einseitige Verteilung von 82 Prozent doch ziemlich aussagekräftig dafür, in welchen Kreisen das Video rumgeschickt wurde.

Zuschauerbindung: Wenig Zapping

Besonders interessant finde ich noch die Statistik über die Zuschauerbindung bei Youtube. Die relative Zuschauerbindung, also der Vergleich zum durchschnittlichen YT-Video, verdeutlicht, dass überdurchschnittlich viele Zuschauer den Film fast bis zum Ende geguckt haben. Die meisten Zuschauer sind witzigerweise bei meinem Aufsager ausgestiegen. Auch das sagt wahrscheinlich einiges über das Nutzungsverhalten und die Sehgewohnheiten des Zuschauers aus – oder über den Unterhaltungswert meines Aufsagers.

Viralität

Verlinkungen durch große Medienblogs

Maßgeblich für die unerwartet, hohe Anzahl an Klicks waren wohl die initialen Verlinkungen beim Bildblog und bei Meedia. Meedia hat dann sogar noch am gleichen Tag ein Spin-off zu meinem Video gemacht und es damit erneut verlinkt. Es folgten Verlinkungen bei Netzpolitik, Turi2 und Kress. Bei Kress kam mein Video auf über 1000 Likes, bei turi2 wurde mein Video der am meisten geklickte Link des Abends. Dass der YT-Film dann auch beim wunderbaren Rivva auflief, versteht sich ja von selbst.

Social Media: Fast jeder Zehnte teilt

Laut Ebuzzing wurde mein Film über 4000 mal bei Facebook geteilt und landet somit auf Platz Fünf der viralsten Videos im noch jungen April. Wie die Zahlen bei Twitter aussehen, kann ich nicht eindeutig beantworten. Ich persönlich komme auf eine nicht wirklich belastbare Zahl von 130 Tweets zum Film – es dürften aber wahrscheinlich mehr gewesen sein, komme ich doch bereits auf rund 60 neue Follower bei Twitter.

Feedback

Naive Grundannahme

Zunächst möchte ich einmal festhalten, dass ich mit einer solchen Verbreitung meines Videos wirklich nicht gerechnet hatte. Das war vielleicht eine etwas naive Annahme, aber wenn man sich mal die Aufmerksamkeitsökonomie des durchschnittlichen Internetnutzers anschaut, dann ist damit ja nun wirklich nicht zu rechnen. Wenn allein bei Youtube 48 Stunden Videomaterial jede Minute hochgeladen werden, dann ist es doch wirklich verwunderlich, dass ausgerechnet meine drei Minuten so häufig geklickt wurden. Nicht zuletzt gibt es ja sogar Agenturen, die damit ihr Geld verdienen, so eine Welle an Aufmerksamkeit zu generieren. Ich würde gern mal wissen, was eine Social-Media-Agentur für das Ziel “40.000 Views in einer Woche” veranschlagt.

Kritische Betrachtung

Völlig zurecht wurde ich von einigen Kommentatoren – sowohl digital als auch analog – darauf hingewiesen, dass mein Film ja nichts Neues sei. Es gäbe ja den Film von Charlie Brooker, es gäbe außerdem den Film vom SWR und nicht zuletzt den wirklich tollen Walulis sieht fern. All das stimmt. Nur habe ich das auch nie in Frage gestellt. Es handelt sich bei meinem Film um einen kleinen Abschlussfilm, der einfach Spaß machen sollte. Ich habe von Beginn an auf das englische Vorbild der BBC verwiesen. Ich kannte die Version vom SWR nicht und die tollen Filme von “Walulis sieht fern” sind doch eher – völlig zurecht preisgekrönter – scharfsinniger Klamauk, als eine Parodie des täglichen Nachrichtengeschäfts, die den Film von Charlie Brooker in eine deutsche Version adaptiert. Daher kann ich mit der Kritik sehr gut leben, fühle mich ob der tollen Vergleiche gebauchpinselt und muss gleichzeitig feststellen, dass es bei fast 40.000 Klicks auf Youtube unfassbar wenig richtige Trolle zu meinem Film geführt hat. Ich hatte zwischendurch schon ein wenig Sorge um einen gewaltigen Troll-Shitstorm. Der blieb aber wohl wegen der eigentümlichen demografischen Verteilung zum Glück aus.

Danke

Elementar für die Verbreitung meines Films waren natürlich die Verlinkungen bei zahlreichen großen Medienblogs und die unfassbar vielen Tweets, Shares und Likes. Hierfür möchte ich mich ganz herzlich bedanken! Das war wirklich ganz großes Kino! Da ich selbst ja nur eine begrenzte Reichweite mit meinen Accounts habe, konnte ich nur durch Eure Hilfe so ein großes Publikum erreichen. Das nennt man dann wohl viral. Eigentlich ziemlich banal. Danken möchte ich auch den Kollegen bei wasmitmedien.de, die bei mir direkt nachgefragt haben, wie es zu der Produktion des Films kam und ebenfalls mein Video eingebettet haben.

Conclusio

Was kann man jetzt aus all dem lernen? Wie baue ich den nächsten viralen Beitrag? Was soll das alles? Ich kann definitiv für mich festhalten, dass ich jetzt am eigenen digitalen Leib erfahren habe, wie Dinge im Netz eine relativ unberechenbare Eigendynamik entwickeln können. Es geht dabei aber in erster Linie um das Produkt und nicht denjenigen, der dahinter steckt. Drei Gründe kann ich ausmachen für den relativen Erfolg des Films.

  • Es lag wohl erstens am prominenten BBC-Vorbild (Über zwei Millionen Klicks auf YT können nicht irren)
  • Der Film hatte zweitens eine kleine Legende (“ZDF-Volo macht Abschlussfilm – Mutter aller Beiträge – Hält der Branche einen Spiegel vor”)
  • Drittens traf der Film den Nerv eines sehr bestimmten Zielpublikums (Journalisten/Medienmacher mittleren Alters, die sich über soviel Selbstironie freuen mochten)

Ich freue mich übrigens über Kommentare, Fragen, Hinweise und kritische Anmerkungen. Dafür soll das ja hier eigentlich sein.

Hi, mein Name ist Martin Giesler. Ich bin Nachrichten-Redakteur beim ZDF in der Redaktion von heute.de. Hier auf 120sekunden.com blogge ich über Medien und alles, was mich sonst so interessiert || Meinen Newsletter mit den besten Links der Woche kann man hier abonnieren.