Deutsche Journalisten, Facebook und der Abonnieren-Button | Eine Analyse

Aufmerksamkeit. Darum geht es doch. Klar, Kommunikation ist auch wichtig. Mit anderen Menschen Meinungen austauschen und so. Dafür ist Twitter super. Facebook auch. Aber irgendwie geht es doch vor allem immer auch um Aufmerksamkeit. Gerade als Journalist möchte man doch möglichst viel Beachtung für seinen neuen Text oder seinen neuen Beitrag. In Zeiten, in denen die Bindung der Nutzer an einzelne Medienmarken abnimmt und die Aufmerksamkeitsspanne immer nur von einem Teasertext zum anderen Tweet reicht, müssen Journalisten immer mehr lauter selbst hier (!) rufen. Auch dafür sind Twitter und Facebook wunderbar. Allerdings werden die Dienste in Deutschland von Journalisten sehr unterschiedlich wahrgenommen und genutzt. Eine kleine Analyse.

Facebook ist mit Abstand das erfolgreichste soziale Netzwerk der Welt. Auch in Deutschland ist Facebook mit rund 23 Millionen Nutzern ein Gigant. Dabei genießt das soziale Netzwerke nach wie vor einen Ruf als Plattform, auf der man sich privat mit seinen Bekannten austauschen kann. Nicht umsonst sind die Debatten um Datenschutz so groß. Das ist bekanntlich bei Twitter anders. Dort ist stets alles öffentlich, egal ob privat oder beruflich daher gezwitschert. Doch Facebook möchte gern ein bisschen mehr wie Twitter sein, schreibt Martin Weigert:

Im Herbst (2011) veröffentlichte Facebook deshalb den Abonnieren-Button, der es Mitgliedern erlaubt, die öffentlichen Status-Updates anderer Nutzer in ihrem Feed zu beziehen, selbst wenn man mit diesen nicht über die Plattform “befreundet” ist. Ähnlich wie man bei Twitter mit einem Klick den Mitteilungen einzelner Anwender folgen kann, funktioniert dies seitdem auch bei Facebook.

Eigentlich wunderbare News für Journalisten, sind bei Facebook doch potentiell mehr Leser/User/Konsumenten/Fans als bei Twitter unterwegs. Wenn wir uns jetzt anschauen, wie es um die deutsche Begeisterung für den Abonnieren-Button steht, dann macht sich allerdings schnell Ernüchterung breit. Inspiriert durch die interessante Liste der deutschsprachigen Journalisten bei Twitter von habe ich mir mal angeschaut, wer eigentlich von den deutschen Journalisten aus der Top 20 mit den meisten Followern die Abonnieren-Funktion anbietet und was dabei so rumkommt.

Die Grafik wurde am 24.4. gegen 21h korrigiert, da ist mir ein Fehler unterlaufen – siehe Kommentar  von Sascha Lobo! 

Das Ergebnis ist wirklich ernüchternd. Neben dem Social-Media-Chef Sascha Lobo kommen kaum andere Journalisten/Blogger auf nennenswerte Zahlen. Einzig und kommen zusammen auf immerhin fast 6000 Abonnenten. Aber ansonsten kann keiner der deutschen Journalisten wirklich hohe Abo-Zahlen aufweisen. Viele der Top-20-Twitter-Follower-Journalisten bieten noch nicht einmal die Möglichkeit an, sie bei Facebook zu abonnieren. Das sieht im englischsprachigen Ausland ganz anders aus. Medienmacher der Washington Post und der New York Times kommen auf Hunderttausende Abonnenten. Ariana Huffington hat gar mehr als eine Millionen Abonnenten.

Davon sind wir in Deutschland noch Lichtjahre entfernt. Das liegt natürlich auch daran, dass Medienhäuser bislang nur sehr zögerlich Funktionen einführen, Autoren direkt zu folgen/ zu abonnieren. Das könnte auch so wie bei Slate  aussehen. In Deutschland hingegen kommen Medienhäuser in die “trendic topics”, wenn sie das erste Mal ein Hashtag einblenden – was natürlich eine super Sache ist (!!!) – aber eben auch eine interessante Feststellung.

Die Abonnieren-Funktion bietet also ziemlich interessante Möglichkeiten und ein bislang noch nicht einmal im Ansatz ausgeschöpftes Potential. Nun haben zahlreiche deutsche Journalisten zwar bereits Fanpages mit mehreren Tausend Likes. Da eine Migration von einer Fanpage zu einem persönlichen Profil mit Abo-Funktion aber nicht so einfach ist – da müsste Facebook schon helfen – wird es wohl auch erstmal bei den Pages bleiben.

Gerade die Angst, privates und berufliches nicht mehr trennen zu können, scheint sehr ausgeprägt in Deutschland. Twitter ist öffentlich. Facebook irgendwie privat. Oder auch doch nicht. Irgendwas dazwischen. Alles kompliziert. Das wird sich ändern. In der Wahrnehmung und im Nutzungsverhalten. Ich jedenfalls werde weiterhin den Abonnieren-Button anbieten und freue mich über neue Kontakte!

Hi, mein Name ist Martin Giesler. Ich bin Nachrichten-Redakteur beim ZDF in der Redaktion von heute.de. Hier auf 120sekunden.com blogge ich über Medien und alles, was mich sonst so interessiert || Meinen Newsletter mit den besten Links der Woche kann man hier abonnieren.

  • http://saschalobo.com Sascha Lobo

    Sehr schön beobachtet! Aber leider völlig falsch,was mich betrifft. Immerhin aus Gründen, die der Unzulänglichkeit von Facebook geschuldet ist.
    Erklärung: Hier ist mein Profil

    Das hat zur Stunde 19.726 Abonnenten.
    Denn natürlich kann man mich abonnieren – allerdings eben nur das Profil, auf das ich meine Aktivitäten konzentriere. Dass ich zusätzlich auch eine Seite habe, liegt daran, dass die Abo-Funktion sehr spät eingeführt wurde. Schon lange vorher hatte ich die maximalen 5000 Friends erreicht, da hatte ich eine Facebook-Page eröffnet. Jetzt brauche ich die Page eigentlich nicht mehr, habe aber noch keine sinnvolle Vorgehensweise gefunden, die 12.000 Page-Fans “rüberzuziehen”.

    Aber ist schon okay, erstmal zu lästern, und später dann zu schauen, ob das auch stimmt, mache ich selbst gern, große Freude.

  • http://de.flavors.me/martingiesler Martin

    Oha! Das wird dann umgehend korrigiert… Alle anderen Zahlen stimmen aber soweit! Das liegt dann wohl an der beschränkten FB-Suche. Sorry, Herr Lobo! Und Danke für den Hinweis!

  • http://opalkatze.wordpress.com/ vera

    Jörg Tauss ist Politiker, kein Journalist.

    • http://de.flavors.me/martingiesler Martin

      Ja, das stimmt. Blogger ist er aber. Dennoch habe ich ihn trotzdem der Ordnung halber aus der Grafik genommen.

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